
„Jeder Teil soll für sich stehen“ – Team Cherry bricht bewusst mit Erwartungen
Wenn eine kleine Indie-Schmiede ein weltweites Phänomen erschafft, entsteht fast automatisch ein Erwartungsdruck, der kaum noch handhabbar wirkt. So erging es Team Cherry nach dem Erfolg von „Hollow Knight“. Sieben Jahre lang warteten Fans auf „Silksong“, das im September erschien und bereits mit Golden-Joystick-Auszeichnungen sowie bemerkenswerten Verkaufszahlen glänzt. Doch nun stellt sich die entscheidende Frage: Wie geht es weiter?
In einem Gespräch mit dem Australian Centre for the Moving Image, das später in einem Taschenbuch veröffentlicht wurde, sprachen Ari Gibson und William Pellen ungewöhnlich offen über ihre Zukunftspläne. GamesRadar griff die auffälligste Passage heraus: Ein „Silksong 2“ sei für das Team schlicht nicht interessant. Stattdessen möchte das Studio Spiele schaffen, die nebeneinander existieren und keinerlei Reihenfolge voraussetzen. Gibson formulierte es so: „Wenn es jemals andere gäbe, hoffen wir, dass sie alle demselben Muster folgen – dass die Serie nur aus Spielen besteht, die nebeneinander existieren.“
Die Idee dahinter erinnert eher an poetische Variationen als an klassische Fortsetzungen. Jeder Teil soll ein eigenes Fenster in dieselbe Welt öffnen, ohne dass man das Vorgängerspiel kennen muss. Sogar Spieler, die erst durch „Silksong“ eingestiegen sind, sollen beim späteren Griff zum ersten „Hollow Knight“ nicht das Gefühl haben, ihnen entgehe ein wichtiges Kapitel. Damit positioniert sich Team Cherry bewusst gegen die gängigen Strukturen der Branche, in der Sequels oft als Pflichtprogramm gelten.
Warum die Reihe trotzdem weitergeht – und was Fans jetzt erwarten dürfen
Bevor jedoch ein möglicher dritter Titel entsteht, wird Team Cherry erst einmal dort weitermachen, wo sie sich gerade am sichersten fühlen: bei „Silksong“ selbst. Wie schon beim Vorgänger plant das Studio mehrere kostenlose DLCs, die die Welt erweitern und auch spielerisch neue Wege eröffnen sollen. Das erste Spiel erhielt vier große Erweiterungen, und alles deutet darauf hin, dass „Silksong“ ähnlich langanhaltend unterstützt wird.
Gerade weil die Entwicklung des zweiten großen Abenteuers sieben Jahre dauerte, dürfte ein neues Hauptprojekt nicht so schnell in Sicht sein. Doch die Entwickler betonen, dass sie zufrieden mit dem Ergebnis von „Silksong“ sind und ihre ursprüngliche Vision vollständig umsetzen konnten. Pellen sprach im Interview davon, man habe „die beste Version“ des eigenen Konzepts geschaffen. Diese Zufriedenheit scheint ihnen nun den Mut zu geben, sich von der linearen Erzählstruktur vieler anderer Reihen zu lösen.
Für die Fans bedeutet das: Die Welt von „Hollow Knight“ wird weiterleben, nur eben nicht so, wie man es aus Blockbuster-Produktionen kennt. Statt nummerierter Fortsetzungen erwartet man künftig eigenständige Kreativstücke – kleine Geschwister in einem gemeinsamen Universum, die sich gegenseitig ergänzen, aber nie überschreiben. Ein ungewöhnlicher Weg, der gerade deshalb so spannend sein könnte.

