
Wenn plötzlich die Zuschauer verschwinden – und das absichtlich
Auf Twitch tut sich etwas – und das nicht nur hinter den Kulissen. In den kommenden Wochen dürften etliche Streamer einen deutlichen Rückgang ihrer Zuschauerzahlen erleben. Doch das liegt nicht etwa an schwindender Beliebtheit, sondern an einem gezielten Eingriff seitens Twitch selbst. Die Plattform schärft ihre Tools, um eine jahrelang bekannte, aber oft ignorierte Schattenseite des Livestreamings anzugehen: gefälschte Zuschauerzahlen durch sogenannte Viewbots.
Lange Zeit war es ein offenes Geheimnis in der Streaming-Szene: Viele Creator manipulierten ihre Reichweite, um sichtbarer zu werden und schneller zu wachsen. Je mehr Zuschauer ein Stream hat, desto wahrscheinlicher wird er neuen Nutzern empfohlen. Ein künstlicher Boost durch Bots verschafft so einen unfairen Vorteil – und viele greifen offenbar genau zu diesem Trick. Laut Aussagen von Top-Streamer Shroud nutzen nicht nur kleinere Kanäle solche Mittel, sondern auch viele große Namen.
Immer wieder gab es kleinere Skandale, in denen Streamer aus Versehen ihre Bot-Software im Stream zeigten oder sogar offen zugaben, Viewbots einzusetzen – angeblich, weil es „eh jeder macht“. Twitch selbst hatte bereits 2021 erklärt, man habe über 7,5 Millionen Fake-Konten gelöscht. Doch viele Nutzer zweifelten an der Wirksamkeit solcher Maßnahmen, denn sichtbar verändert hatte sich bislang wenig.
Das könnte sich jetzt schlagartig ändern. Der Twitch-Support hat offiziell verkündet, dass neue Mechanismen zur Erkennung von Fake-Zuschauern ausgerollt werden. Die Tools sollen präziser sein als je zuvor und in den nächsten Wochen ihre volle Wirkung entfalten. Wer bis dahin mit Viewbots gearbeitet hat, könnte schon bald sehr viel leerer dastehen.
Twitch dreht an der Sichtbarkeit – und es wird unbequem
Die Ankündigung hat Folgen: Nicht nur Streamer, auch viele externe Statistikseiten, die Zuschauerzahlen und Streaming-Stunden erfassen, dürften bald deutlich veränderte Werte zeigen. Was aussieht wie ein Rückschritt, ist für Twitch ein Schritt nach vorn – hin zu mehr Transparenz. Denn das Update betrifft auch alle Seiten, die unüberprüft Zuschauerzahlen veröffentlichen und damit unwissentlich Bot-Reichweiten weiterverbreiten.
Doch das neue System hat auch seine Tücken. Denn wie sogar Twitch-CEO Dan Clancy zugibt, ist es extrem schwierig, echte von künstlichen Zuschauern zu unterscheiden. Die neue Technik wird daher nicht nur absichtlich eingesetzte Bots entlarven, sondern auch ungewolltes „Botting“ erkennen. Manche Streamer könnten also plötzlich weniger Zuschauer haben, obwohl sie selbst gar nichts damit zu tun hatten. Auch dieses sogenannte „unfreiwillige Viewbotting“ will Twitch künftig transparenter behandeln.
Besonders spannend ist die Frage, wie die Community auf die Veränderungen reagiert. Einige Nutzer zeigen sich bereits skeptisch, ob das neue System wirklich etwas bewirken kann – oder ob es am Ende wieder nur bei Ankündigungen bleibt. Twitch steht unter Druck, diesmal echte Resultate zu liefern. Denn gerade kleinere Creator, die ehrlich und organisch wachsen wollen, hoffen auf faire Bedingungen.
Was sich am Ende wirklich verändert, wird sich ab dem 7. August zeigen. Dann beginnt die schrittweise Einführung der neuen Anti-Bot-Mechanismen. Wer danach noch dieselben Zuschauerzahlen vorweisen kann wie zuvor, darf sich wohl sicher sein: Die eigenen Fans sind echt. Und genau das sollte im Livestreaming doch das Wichtigste sein.

